Gefährdungsbeurteilung: Vibrationsmessungen am Arbeitsplatz
Dass der Lärm, den Maschinen in einer Produktionshalle oder auf der Baustelle verursachen, nicht nur eine Quelle für Dauerstress bei Mitarbeitenden ist, sondern auch zu irreversiblen gesundheitlichen Langzeitschäden führen kann, ist hinlänglich bekannt. Jetzt rückt ein weiterer Faktor in den Fokus, der bislang im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eher vernachlässigt wurde: Auch Vibrationen am Arbeitsplatz, etwa beim Fahren oder Bedienen von Maschinen, können die Gesundheit gefährden. Sie wirken sich nicht nur auf Gelenke, Wirbelsäule, Muskeln, Nerven und Durchblutung aus, sondern auch auf die geistige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.
Vibrationsmessungen am Arbeitsplatz sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) und den Technischen Regeln Lärm und Vibrationen (TRLV) immer dann erforderlich, wenn beispielsweise keine betriebsspezifischen Vibrationsmesswerte vorliegen oder die Gefährdung durch andere Quellen, wie etwa Herstellerangaben, nicht ermittelt werden kann. Die Stärke der Vibrationseinwirkungen auf die Mitarbeiter kann in diesen Fällen nicht ermittelt und in einer Gefährdungsbeurteilung bewertet werden.
Gefährdungsbeurteilung Lärm und Vibration
1. Aufgabenbereiche und Tätigkeiten festlegen
Um bei der Vibrationsmessung zuverlässige Ergebnisse zu erzielen, müssen diese von entsprechend qualifiziertem Personal durchgeführt werden. Die TRLV erläutert hierzu Aspekte, die für die Beauftragung einer fachkundigen Vibrationsmessung von Bedeutung sind. Im Rahmen einer Arbeitsanalyse wird zunächst festgestellt, welche Aufgaben und Tätigkeiten die Mitarbeiter durchführen und ob hierbei Einwirkungen durch Vibrationen auf den Körper möglich sind.
2. Gefährdungen ermitteln und Risiken bewerten
Die Vibrationen werden an der Stelle ermittelt, an der die Einleitung in den Körper stattfindet, wie z. B. Handinnenflächen oder über die Schuhsohle. Für die Beurteilung der Gefährdung durch Vibrationen werden anschließend Profile der betroffenen Mitarbeitenden und ihrer Tätigkeiten erstellt. Dabei geht es darum zu ergründen, wie lange die Mitarbeitenden einer Vibration ausgesetzt sind und wie hoch die Schwingungsbelastung in den unterschiedlichen Einsatzbereichen ist.
Gemessen werden sowohl Ganzkörper-Vibrationen (GKV), die etwa beim Sitzen auftreten, als auch Hand-Arm-Vibrationen (HAV) beim Einsatz von Geräten wie Bohrmaschinen, Presslufthämmern etc. Die Ganzkörper-Vibrationsmessung erfolgt dabei mittels einer Messscheibe am stehenden oder sitzenden Menschen. Hand-Arm-Vibrationsmessungen werden bspw. an den Haltegriffen einer Maschine durchgeführt.
Über den Zeitraum eines Arbeitstages (acht Stunden) wird ein Vibrationsexpositions-Gesamtwert ermittelt. Treten dabei Überschreitungen der in der LärmVibrationsArbSchV festgelegten Auslöse- und Expositionsgrenzwerte auf, muss ein entsprechendes Vibrationsminderungsprogramm erarbeitet werden, um die Gefährdung für die Mitarbeiter zu minimieren. Die Empfehlungen der TRLV unterstützen das Messpersonal bei der Bewertung von Gefährdungen durch Vibrationen und bei der Ableitung der erforderlichen Präventionsmaßnahmen.
3. Ermittlung geeigneter Schutzmaßnahmen
Die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen sind abhängig von der Intensität der gemessenen Vibrationsexposition. Werden die Expositionsgrenzwerte erreicht oder überschritten, müssen geeignete Maßnahmen Abhilfe schaffen – so zum Beispiel:
- Verbesserung der Vibrationsdämpfung von Sitzen in Fahrzeugen (Federungseinstellungen etc.) oder beim Fahrzeugbetrieb selbst (Stoßdämpfer, Änderung der Reifen etc.),
- der Einsatz von Dämmmatten,
- ein Wechsel zu vibrationsärmeren Maschinen oder Austausch stark vibrierender Komponenten (Haltegriffe, Schwingsitze etc.),
- der Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen wie Anti-Vibrationshandschuhen oder Vibrations-Schutzschuhen,
- Verringerung der Dauer eines Arbeitseinsatzes an vibrierenden Maschinen,
- Weitere Veränderungen in Arbeitsabläufen.
4. Maßnahmen durchführen
Zunächst gilt es, die betroffenen Mitarbeitenden transparent über die Gefahren von Vibrationen aufzuklären, um ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Auf diese Weise lässt sich die Aufgeschlossenheit für die Mitwirkung an der Durchführung des erforderlichen Vibrationsminderungsprogramms deutlich erhöhen. Bei der Planung sollten möglichst zuerst solche Maßnahmen in Betracht gezogen werden, die den größten Minderungserfolg versprechen. Außerdem ist es wichtig, klare Verantwortlichkeiten zu definieren und realistische Zeitpläne für die Umsetzung aufzustellen.
5. Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen
Ein Zeitplan und eine Dokumentation der Ergebnisse helfen dabei, den Erfolg der einzelnen Schutzmaßnahmen regelmäßig und systematisch zu überprüfen, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen zu können. Die durchgeführten Maßnahmen werden mittels erneuten Vibrationsmessungen überprüft und die voraussichtlich geringeren Vibrationsexpositionen mit den Auslöse- und Expositionsgrenzwerten erneut gegenübergestellt.
6. Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung
Die Vibrationsmessung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist ein kontinuierlicher Prozess, um das Auftreten neuer Gefährdungen etwa durch Modifikationen an der Anlagenkonfiguration, am Arbeitsplatz oder des Arbeitsprozesses zu vermeiden. Auch das Schwingungsverhalten von Maschinen kann sich im Lauf des Produktlebenszyklus verändern und muss regelmäßig neu bewertet werden.
7. Dokumentation
Die Dokumentation aller Gefährdungspotenziale durch Vibrationen, denen die Mitarbeitenden bei ihren Tätigkeiten ausgesetzt sind, liefert die Grundlage für nachhaltig verbesserte und gesündere Arbeitsbedingungen.
Für die messtechnische Ermittlung von Vibrationen am Arbeitsplatz überstützen wir Sie als hierfür nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditierte Messstelle und erstellen mit Ihnen gemeinsam gerne ein auf Ihren Betrieb abgestimmtes Gesamtkonzept zur Beurteilung der Vibrationsexposition der Mitarbeitenden sowie zu möglichen Minderungsmaßnahmen.