Gefährdungsbeurteilung: Laborprozesse
In jedem Labor hantieren die Mitarbeiter täglich mit chemischen Substanzen oder biologischen Arbeitsstoffen und sind damit besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt – etwa durch das Einatmen giftiger Dämpfe, Verätzungen, Verbrennungen, Haut- und Augenreizungen oder auch Explosionen. Um derartige Probleme zu vermeiden, darf in einem Labor erst gearbeitet werden, nachdem alle potenziellen Gefährdungen beurteilt und alle erforderlichen Schutzmaßnahmen implementiert wurden.
Laut Arbeitsschutzgesetz sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, unter anderem für Ihre Labore eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Ihre Berufsgenossenschaft oder die Spezialisten von Infraserv Höchst für Arbeitsschutz und Laborbetrieb können Sie darüber aufklären, wie eine Gefährdungsbeurteilung für den Laborbetrieb vorgenommen werden muss und welche Aspekte es dabei zu berücksichtigen gilt. Zur Orientierung können Sie beispielsweise den Gefährdungskatalog der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) heranziehen. Weitere Hinweise liefern die aktuellen Fassungen der DGUV Informationen 213-850 „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ und 213-086 „Biologische Labore“ von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Gefährdungsbeurteilung Laborprozesse
1. Aufgabenbereiche und Tätigkeiten festlegen
Für die Gefährdungsbeurteilung gilt es zunächst, die Betriebsorganisation des betroffenen Unternehmens in Gebieten wie Arbeitsschutz, Notfallmaßnahmen und Erste Hilfe zu erfassen und anschließend für die Gefährdungsbeurteilung klare Tätigkeitsbereiche zu definieren. Ähnliche Tätigkeitsbereiche, wie etwa Büroarbeitsplätze, können in der Gefährdungsbeurteilung gesammelt betrachtet werden. Kommen neue Tätigkeitsbereiche hinzu – zum Beispiel ein neuer Anbau – müssen diese neu bewertet werden.
Den Ausgangspunkt für die Definition der Tätigkeitsbereiche bildet immer das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Bei Bedarf werden weitere Gesetzeswerke wie etwa die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), die Biostoffverordnung (BioStoffV) oder auch das Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit seinen Bestimmungen für Schwangere am Arbeitsplatz als weitere Grundlagen hinzugezogen.
Als verantwortlicher Arbeitgeber haben Sie die Möglichkeit, für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung Beratung oder Hilfestellung von ausgewiesenen Experten einzuholen – etwa von einem erfahrenen externen Labor-Dienstleister wie Infraserv Höchst.
Auch die Labormitarbeitenden sind verpflichtet, an der Gefährdungsbeurteilung mitzuwirken, da sie über unmittelbare Kenntnisse zu den Gefährdungen in ihrer Arbeitsumgebung verfügen. Daher werden im Vorfeld der Gefährdungsbeurteilungen auch Gespräche mit den Mitarbeitenden über ihre Arbeitsbedingungen und Labor-Begehungen durchgeführt.
Gegebenenfalls sind weitere Spezialisten wie Arbeitssicherheits-Experten, Betriebsärzte, Betriebsrat oder Sicherheitsbeauftragte mit einzubinden. Infraserv Höchst zieht bei Bedarf Fachabteilungen für die kompetente Bewertung der Gefährdung durch Gefahr- und Biostoffe hinzu.
Wichtig ist, unter allen Beteiligten eine klare Zuteilung der Verantwortlichkeiten und Aufgaben vorzunehmen. Als Arbeitgeber dürfen Sie die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung an andere kompetente, weisungsbefugte Personen delegieren, wie etwa einen entsprechend qualifizierten Labor- oder Technikleiter – oder auch an einen erfahrenen externen Labor-Dienstleister wie Infraserv Höchst. Die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung verbleibt dennoch immer beim Arbeitgeber.
2. Gefährdungen ermitteln und Risiken bewerten
Die Gefährdungsbeurteilung im Laborbetrieb muss grundsätzlich an allen Laborarbeitsplätzen und für jede Labortätigkeit vorgenommen werden – und zwar noch vor Aufnahme des Laborbetriebs.
Infraserv Höchst kann als Dienstleister für Sie die Gefährdungsbeurteilung von Tätigkeitsbereichen vorbereiten. Hierfür nutzen wir Checklisten, die sich an den Kriterien der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BGR CI) orientieren. Die BGR CI listet insgesamt 17 Gefahrenbereiche auf und schlägt für diese bereits geeignete Maßnahmen vor. Diese müssen in der Praxis auf die Erfordernisse des jeweiligen Betriebs abgestimmt werden.
Zu den typischen Gefährdungen im Labor zählen:
- Bauliche Mängel wie ungenügender Brandschutz, schlechte Belüftung oder unzureichende Flucht- und Rettungswege,
- Brand- und Explosionsgefahr durch Gefahrstoffe,
- Gesundheitsschäden durch feste, flüssige oder gasförmige Stoffe,
- Strahlungen und elektromagnetische Felder,
- Augen- und Hautreizungen oder Verätzungen,
- Ungünstiges Raumklima ohne ausreichende Belüftung,
- Ungeeignete Beleuchtung der Arbeitsplätze und andere Aspekte der Ergonomie,
- Unerwartete chemische Reaktionen z. B. durch Wechselwirkungen von Gefahrstoffen,
- Gefahren durch Behälter mit Unter- und Überdruck, heiße und kalte Medien,
- Mechanische Gefährdungen durch Maschinen und Anlagen,
- Lärmbelastung am Arbeitsplatz,
- Belastung des Bewegungsapparats durch ungünstige Arbeitshaltungen und monotone Tätigkeiten,
- Psychische Belastungsfaktoren,
- Neue Arbeitsformen wie Homeoffice,
- Fehlende oder mangelhafte Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe und Maschinen,
- Fehlende oder unzureichende Notfallausrüstungen wie etwa persönliche Schutzausrüstungen oder Augenduschen.
3. Ermittlung geeigneter Schutzmaßnahmen
Die Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung von § 4 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und § 7 der Biostoffverordnung (BioStoffV) bildet die Grundlage für Maßnahmen, die das sichere Arbeiten im Labor gewährleisten sollen. Bei jeder Änderung der Arbeitsprozesse, der Ausstattung der Arbeitsplätze oder bei Umbauten müssen die potenziellen Gefährdungen neu bewertet werden durch:
- Erfassen der Betriebsorganisation innerhalb der Unternehmensstruktur,
- Erfassen aller Labortätigkeiten,
- Ermittlung potenzieller Gefährdungen und Belastungen, etwa durch die Überschreitung von Grenzwerten für Gefahrstoffe und Lärmeinwirkung.
Für die Ermittlung von Gefährdungs- und Belastungsfaktoren im Labor spielen Mitarbeiterbefragungen und die Begehung der Örtlichkeiten eine wichtige Rolle. Zusätzlich können bereits vorhandene Dokumente wie Betriebsanweisungen, Gefahrstoffverzeichnisse, Stellenbeschreibungen, Prüfberichte oder Messprotokolle herangezogen werden.
Die Erstellung einer Risiko-Matrix mit Priorisierung der Risiken nach potenzieller Schadensschwere und -frequenz hilft, die Schutzmaßnahmen nach Dringlichkeit zu ordnen.
Um die eingehendere Betrachtung von Spezialbereichen wie z. B. den Umgang mit Biostoffen kümmern sich bei Infraserv die jeweiligen Fachabteilungen. So steht auch für Gefahrstoff-Messungen ein eigenes Mess-Team zur Verfügung.
4. Maßnahmen durchführen
Im Anschluss erfolgt auf Basis der gesammelten Erkenntnisse die Bewertung des Risikos anhand der Risikomatrix und die Festlegung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen, um Gefährdungen für Labormitarbeitende so weit wie möglich auszuschließen. Anhand der Lücke zwischen dem Ist- und Soll-Zustand werden die notwendigen Maßnahmen identifiziert und ein entsprechender Zeitplan für die Umsetzung festgelegt. Im Fokus stehen dabei u. a.:
- Die Substitution von Gefahrstoffen durch weniger oder nicht gefährliche Stoffe,
- Technische Schutzmaßnahmen, die den Laborbau (Flucht-, Rettungs- und Transportwege, Türen, Fußböden, Lüftungsanlagen und Absaugvorrichtungen) ebenso betreffen wie die Arbeitsplatzgestaltung mit Bedien- und Verkehrsflächen oder Arbeitstischen,
- Organisatorische Schutzmaßnahmen wie die Verringerung der Aufenthaltsdauer in Lärmzonen,
- Persönliche Schutzausrüstungen,
- Vorsorgemaßnahmen wie Bio-Monitoring (z. B. regelmäßige Überprüfung der Schadstoffbelastungen in Blut und Urin),
- Schulungen und Unterweisungen.
Mit der zeitgerechten Durchführung der Schutzmaßnahmen sollten kompetente Personen beauftragt werden. Die Verantwortung hierfür liegt immer beim Arbeitgeber.
5. Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen
Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die getroffenen Maßnahmen auch tatsächlich Wirkung zeigen oder ob noch nachgebessert werden muss. Bedenken Sie auch, dass durch die Maßnahmen oder spätere Umgestaltungen im Labor möglicherweise neue Gefährdungen entstanden sind, die es zu beseitigen gilt.
6. Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung
Gefährdungsbeurteilungen für Labore müssen regelmäßig aktualisiert werden. Gründe hierfür können u. a. sein:
- Die Planung von Labor-Neubauten, -Umbauten oder Investitionen im Laborbereich,
- Neue Arbeitsmittel,
- Neue Gefahrstoffe,
- Änderungen in der Betriebsorganisation,
- Änderungen in Labor-Arbeitsprozessen,
- Personelle Änderungen im Labor-Team,
- Unfälle oder beruflich bedingte Krankheiten von Mitarbeitern.
7. Dokumentation
Alles Maßnahmen im Bereich der Gefährdungsbeurteilung für Labore sollten detailliert und systematisch dokumentiert werden, um die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung bei regelmäßigen Überprüfungen zu vereinfachen.